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XIII. Zivilsenat 17.07.2003 XIII
ZB 30/03
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§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG findet auch auf
Mietstreitigkeiten Anwendung.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am
15. Juli 2003 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß
der Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin vom 10.
Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens
zu tragen.
Beschwerdewert: 2.755,50
Gründe:
I.
Der Kläger hat den Beklagten zu 1 und die frühere
Beklagte zu 2 nach Beendigung des mit ihnen geschlossenen
Wohnungsmietvertrages auf Zahlung rückständiger Miete
in Höhe von 3.790,49€ nebst Zinsen sowie weiterer
46,44 € in Anspruch genommen. Die Klage ist der
früheren Beklagten zu 2 an ihrem Wohnsitz in L. ,
Großbritannien, zugestellt worden. Das Amtsgericht
hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung
von 1.057,77€ nebst Zinsen sowie weiterer 23,66
€ verurteilt. Wege der Abweisung der Klage im
übrigen hat der Kläger gegen das amtsgerichtliche
Urteil Berufung zum Landgericht eingelegt. Nach dessen
Hinweis auf § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG hat er
die Berufung hinsichtlich der Beklagten zu 2 nach
Ablauf der Berufungsfrist zurückgenommen. Das Landgericht
hat die Berufung durch Beschluß als unzulässig verworfen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz
4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch
nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher
Bedeutung für die Klärung des Anwendungsbereichs des
durch das ZPO-Reformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl.
I S. 1887) neu gefaßten § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.
b GVG zulässig, weil sich die Frage stellt, ob Mietstreitigkeiten
von dieser Vorschrift erfaßt werden. Die Rechtsbeschwerde
ist im übrigen gemäß § 575 ZPO form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden. Auf die Wertgrenze
des § 26 Nr. 8 EGZPO kommt es nicht an (vgl. Senatsbeschluß
vom 4. September 2002 - VIII ZB 23/02, WM 2003, 554
unter II 1 b). 2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung des
Klägers hinsichtlich des im Rechtsstreit verbliebenen
Beklagten zu 1 gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO als unzulässig
verworfen, weil für die Entscheidung über das Rechtsmittel
nicht nach § 72 GVG das Landgericht, sondern gemäß
§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG das Kammergericht
zuständig ist. Nach dieser Bestimmung sind die Oberlandesgerichte
zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über
die Rechtsmittel der Berufung und der Beschwerde gegen
Entscheidungen der Amtsgerichte in Streitigkeiten
über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Person
erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand
im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz
außerhalb des Geltungsbereichs des Gerichtsverfassungsgesetzes
hatte. Das ist hier der Fall.
a) Die Vorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
GVG findet nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts
auch auf Mietstreitigkeiten Anwendung. Ohne Erfolg
verweist der Kläger darauf, daß für diese Streitigkeiten
nicht der allgemeine Gerichtsstand des Wohnsitzes
nach § 13 ZPO gilt, sondern nach § 29 a ZPO ausschließlich
das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk sich die
Räume befinden. Daraus läßt sich ein Ausschluß der
Mietstreitigkeiten aus dem Anwendungsbereich des §
119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG nicht herleiten. §
29 a ZPO regelt nur die örtliche Zuständigkeit in
der ersten Instanz, besagt dagegen nichts zu der in
§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG geregelten funktionellen
Zuständigkeit für das Berufungsverfahren. Soweit §
119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG auf den allgemeinen
Gerichtsstand der Parteien verweist, soll damit nicht
die Anwendbarkeit der Vorschrift auf die Fälle beschränkt
werden, in denen in erster Instanz der allgemeine
Gerichtsstand gilt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs
soll das Gerichtsstandskriterium vielmehr - im Rahmen
des Gesetzeszwecks, in Fällen mit Auslandsberührung
durch eine obergerichtliche Rechtsprechung Rechtssicherheit
zu schaffen - "eine hinreichende Bestimmtheit und
damit Rechtssicherheit für die Abgrenzung der Berufungszuständigkeit
zwischen Landgericht und Oberlandesgericht" gewährleisten
(BT-Drucks. 14/6036 S. 118 f.). § 119 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. b GVG enthält demnach eine rein formale Anknüpfung
(Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 119 Rdnr. 15). Ein
Ausschluß der Mietstreitigkeiten aus dem Anwendungsbereich
des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG kommt somit nicht
in Betracht. Er wäre aus dem Wortlaut der Vorschrift
nicht ersichtlich und würde deswegen der verfassungsrechtlich
gebotenen Klarheit der Rechtsmittelvorschriften (BVerfGE
74, 228, 234 m.w.Nachw.) widersprechen. Daher kann
dahingestellt bleiben, ob die Annahme des Klägers
zutrifft, daß sich im Mietrecht wegen einer regelmäßigen
Anknüpfung an die Belegenheit der Mietsache nach Art.
28 Abs. 3 EGBGB kaum Probleme des Internationalen
Privatrechts stellen. Aus dem genannten Grund hängt
die Berufungszuständigkeit des Oberlandesgerichts
nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG auch nicht davon
ab, ob im Einzelfall internationales Recht Anwendung
findet (BGH, Beschluß vom 19. Februar 2003 - IV ZB
31/02, zur Veröffentlichung bestimmt, unter II 3).
b) Die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.
b GVG für die Berufungszuständigkeit des Oberlandesgerichts
(Kammergerichts) sind hier erfüllt, weil die frühere
Beklagte zu 2 zum Zeitpunkt der Zustellung der vor
dem Amtsgericht erhobenen Klage ihren Wohnsitz und
damit gemäß § 13 ZPO ihren allgemeinen Gerichtsstand
im Ausland hatte. Entgegen der Auffassung des Klägers
ist das Oberlandesgericht nach § 119 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. b GVG auch dann einheitlich zuständig, wenn
- wie hier - nur einer von mehreren Streitgenossen
seinen allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hat. Das
gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob es sich um
eine einfache oder um eine notwendige Streitgenossenschaft
handelt, so daß diese Frage hier keiner Vertiefung
bedarf. Für diese Auslegung spricht sowohl die Vereinfachungstendenz
des Gesetzes als auch sein Zweck, in Fällen mit Auslandsberührung
die Rechtssicherheit durch eine obergerichtliche Rechtsprechung
zu verstärken (BGH, Urteil vom 13. Mai 2003 - VI ZR
430/02, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, unter
II 1 m.w.Nachw.).
c) An der danach hier gegebenen Zuständigkeit des
Kammergerichts hat sich nichts dadurch geändert, daß
der Kläger seine Berufung hinsichtlich der früheren
Beklagten zu 2 zurückgenommen hat. Dadurch ist zwar
diejenige Partei aus dem Rechtsstreit ausgeschieden,
deren allgemeiner Gerichtsstand im Ausland die Zuständigkeit
des Oberlandesgerichts (Kammergerichts) für das Berufungsverfahren
begründet hat. Das hat aber jedenfalls dann keinen
Einfluß auf diese Zuständigkeit, wenn die betreffende
Partei - wie hier - erst nach Ablauf der Berufungsfrist
aus dem Rechtsstreit ausscheidet (BGH aaO).
d) Zu Unrecht macht der Kläger schließlich geltend,
das Landgericht wäre mangels Eindeutigkeit des § 119
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG bei Streitgenossenschaft
nach dem verfassungsrechtlichen Gebot der Klarheit
des Zugangs zur Rechtsmittelinstanz (BVerfGE aaO)
in entsprechender Anwendung des § 36 ZPO verpflichtet
gewesen, eine gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit
herbeizuführen. Sinn und Zweck des § 36 ZPO ist es,
im Interesse der Parteien und der Rechtssicherheit
den Streit darüber, welches Gericht für die Sachentscheidung
zuständig ist, schnell zu beenden, damit sich das
als zuständig bestimmte Gericht möglichst bald mit
der Sache selbst befaßt (BGHZ 71, 15, 18; 71, 69,
74, jew. m.w.Nachw.). Danach kommt hier eine entsprechende
Anwendung des § 36 ZPO nicht in Betracht. Hier geht
es nicht um die schnelle Entscheidung eines Zuständigkeitsstreits,
sondern darum, wie § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG
auszulegen ist und ob der Kläger die Berufung danach
bei dem zuständigen Gericht eingelegt hat. Der Klärung
dieser Frage dient das Verfahren des § 36 ZPO nach
dem oben genannten Sinn und Zweck nicht.
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Bundesgerichtshof:
Urteil des BGH / Entscheidung zum Mietrecht (Berufungsurteil
zur Gültigkeit von § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG
bei Mietstreitigkeiten)
Urteil des BGH zum Mietrecht (Wohnungsmiete).
Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes befasst sich unter
anderem mit dem Rückstand von Mietzahlungen (rückständige
Miete).
Weitere Informationen zur Miete und
Wohnung finden Sie hier.
Bitte beachten Sie:
Dieses BGH-Urteil bezieht sich auf einen konkreten Sachverhalt
und ist nicht zu verallgemeinern. Wenn Ihre Rechtsfrage über
Mietstreitigkeite wegen Mietrückstand hier nicht beantwortet
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