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XIII. Zivilsenat 09.07.2003 XIII
ZR 311/02
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen,
ob ein Räumungsanspruch des Klägers deshalb zu verneinen
sei, weil es sich um eine unzulässige Vorratskündigung
gehandelt habe oder ein etwaiger Eigenbedarf nachträglich
mit der Studienaufnahme des Sohnes des Klägers in
K. weggefallen sei. Denn dem geltend gemachten Räumungsanspruch
stehe jedenfalls der Einwand des Rechtsmißbrauchs
nach § 242 BGB entgegen, weil nach Erlaß des amtsgerichtlichen
Urteils in dem fraglichen Haus des Klägers eine Wohnung
frei geworden sei, die dieser vor der dann erfolgten
Neuvermietung nicht der Beklagten als Alternativwohnung
angeboten habe. Es obliege dem wegen Eigenbedarfs
kündigenden Vermieter, dem gekündigten Mieter eine
freie oder frei werdende Alternativwohnung zu zumutbaren
und angemessenen Bedingungen anzubieten; anderenfalls
sei das Räumungsverlangen rechtsmißbräuchlich. Der
Vermieter sei gehalten, alles zu unternehmen, was
in seiner Macht stehe, um die mit dem Verlust der
angestammten Wohnung verbundenen Nachteile des Mieters
im Rahmen des Möglichen zu mindern und so die sozial
unerwünschten Folgen der allein aus seiner Sphäre
herrührenden Lösung des Vertrages gering zu halten.
Die Dachgeschoßwohnung sei als vergleichbare Alternativwohnung
in Frage gekommen. Der Kläger habe ein Angebot auch
nicht mit der Begründung unterlassen dürfen, daß die
Beklagte gar nicht in eine Dachgeschoßwohnung habe
ziehen wollen und sich die Wohnung von Ausstattung
und Preis her nicht leisten könne. Dies zu beurteilen,
sei allein Sache des Mieters. Die Anbietpflicht sei
nicht deshalb entfallen, weil die Wohnung erst nach
Ablauf der Kündigungsfrist frei geworden sei. Eine
Anbietpflicht bestehe zumindest bis zur Rechtskraft
eines Räumungsurteils.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung
nicht stand. 1. Entgegen der Auffassung der Revision
ist allerdings das Berufungsgericht zu Recht von dem
Grundsatz ausgegangen, wonach der wegen Eigenbedarfs
berechtigt kündigende Vermieter dem Mieter eine andere
freie Wohnung im gleichen Haus zur Anmietung anbieten
muß, sofern diese weiterhin vermietet werden soll.
Anderenfalls ist die Geltendmachung dieses Kündigungsrechts
rechtsmißbräuchlich und damit unwirksam. Dies ist
in Literatur und Rechtsprechung anerkannt (OLG Karlsruhe
NJW-RR 1993, 660, LG Osnabrück WuM 1998, 318, LG Berlin
GE 1997, 240, LG Mannheim WuM 1996, 475, LG Bochum
WuM 1994, 473, LG Hamburg WuM 1992, 192, Emmerich/Sonnenschein,
aaO, Rdnr. 59, Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl.,
§ 573 Rdnr. 95, Grapentin in: Bub/Treier, aaO, IV
Rdnr. 75, Schmidt-Futterer/Blank, aaO, Rdnr. 112 ff.,
Palandt/Weidenkaff, BGB, 61. Aufl., § 573 Rdnr. 24,
a.A. Soergel/Heintzmann, aaO, Rdnr. 53). Bei der Kündigung
einer Mietwohnung wegen Eigenbedarfs ist zwar grundsätzlich
die Entscheidung des Vermieters, wie er eine ihm gehörende
Wohnung nutzen will, zu respektieren (vgl. auch BVerfG
NJW 1994, 435). Es kann jedoch nicht unberücksichtigt
bleiben, daß die Kündigung von Wohnraum in die Lebensführung
eines Mieters besonders stark eingreift. Der Vermieter
ist deshalb gehalten, diesen Eingriff abzumildern,
soweit ihm dies möglich ist. Ausnahmsweise ist eine
Kündigung daher dann rechtsmißbräuchlich, wenn dem
Vermieter eine andere Wohnung im selben Anwesen zur
Vermietung zur Verfügung steht und er diese dem Mieter
nicht anbietet, obwohl er sie wieder vermieten will.
2. Umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden
ist die Frage, in welchem zeitlichen Rahmen dem Mieter
eine freie oder frei werdende Wohnung des Vermieters
angeboten werden muß. Hierzu werden verschiedene Auffassungen
vertreten.
Nach einer Meinung (so LG Köln WuM 1994, 212, Lammel,
aaO Rdnr. 101, Grapentin in: Bub/Treier, aaO IV Rdnr.
74, Staudinger/Sonnenschein, aaO Rdnr. 91) besteht
eine solche Anbietpflicht nur bis zum Ende der Kündigungsfrist.
Nach anderer Auffassung soll die Anbietpflicht des
Vermieters jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluß
des Räumungsrechtsstreits bestehen (so LG Köln WuM
1984, 248). Schließlich wird angenommen, daß die Anbietpflicht
auch über den Zeitpunkt der Rechtskraft des Räumungstitels
hinaus bis zur Räumung der Wohnung gegeben sei (so
Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., IV Rdnr. 136 und Schmidt-Futterer/Blank,
aaO Rdnr. 114).
Der Senat ist der Auffassung, daß die dem Vermieter
obliegende Verpflichtung, dem Mieter eine vorhandene
Alternativwohnung anzubieten, grundsätzlich nur bis
zum Ablauf der Kündigungsfrist besteht. Anderenfalls
würde derjenige Mieter privilegiert, der sich bei
wirksamer Kündigung trotz Ablaufs der Kündigungsfrist
zu Unrecht nach wie vor in der gekündigten Wohnung
aufhält. Er würde ermutigt, einen Rechtsstreit allein
in der Hoffnung zu führen, daß im Verlaufe des Verfahrens
eine andere Wohnung im selben Haus frei würde. Soweit
sich ein Mieter gegen eine Kündigung des Vermieters
wehrt, weil er der Auffassung ist, daß tatsächlich
Eigenbedarf nicht vorliege, und in diesem Verfahren
obsiegt, ist die vom Vermieter ausgesprochene Kündigung
ohnehin unwirksam, so daß er in seiner Wohnung verbleiben
kann. Auf die Frage des Anbietens einer Alternativwohnung
kommt es in diesem Fall nicht an.
Nachvertragliche Treuepflichten des Vermieters gegenüber
dem Mieter des Inhalts, daß nach Beendigung des Mietverhältnisses
noch die Anbietpflicht bestände, sind nicht anzuerkennen.
Wäre für die Anbietpflicht an das Ende eines Räumungsverfahrens
anzuknüpfen, würde der Vermieter unangemessen in seinen
Eigentumsrechten beschränkt. Zwar ist er - wie ausgeführt
- gehalten, aufgrund des bei einer Eigenbedarfskündigung
erheblichen Eingriffs in die Lebensführung des Mieters
die Folgen der Kündigung abzumildern und dem Mieter
deshalb, soweit möglich, eine Alternativwohnung anzubieten.
Diese Verpflichtung endet jedoch bei einer berechtigt
ausgesprochenen Kündigung wegen Eigenbedarfs mit der
Beendigung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist.
Bei Annahme einer noch weitergehenden, nach Vertragsende
fortgeltenden vertraglichen Anbietpflicht aus dem
Gesichtspunkt von Treu und Glauben wäre der Vermieter
nicht nur während des Laufs der Kündigungsfrist, sondern
auch noch während eines unter Umständen langwierigen
Rechtsstreits durch mehrere Instanzen gehindert, freie
oder frei werdende Wohnungen im gleichen Haus an einen
anderen Mieter zu vermieten. Durch all diese Nachteile
würde er in seinem durch Art. 14 GG geschützten Eigentumsrecht
unverhältnismäßig eingeschränkt.
Da im gegebenen Fall die Alternativwohnung im vierten
Obergeschoß erst zum 31. Dezember 2001, also fünf
Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist, frei wurde,
hat der Kläger gegen die ihm obliegende Pflicht, der
Beklagten eine Alternativwohnung anzubieten, nicht
verstoßen.
III.
Das Urteil des Landgerichts ist demnach aufzuheben.
Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung offengelassen,
ob der Kläger Eigenbedarf geltend machen kann; hierzu
haben die Parteien unter Beweisantritt umfangreich
vorgetragen. Die Sache ist daher noch nicht zur Endentscheidung
reif, sondern zur neuen Verhandlung an das Landgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Bundesgerichtshof:
Urteil des BGH / Entscheidung zum Mietrecht (Kündigung
wegen Eigenbedarf)
Urteil des BGH zum Mietrecht (Eigenbedarfskündigung,
Anbietpflicht).
Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes befasst sich unter
anderem mit den Vorraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung.
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Bitte beachten Sie:
Dieses BGH-Urteil bezieht sich auf einen konkreten Sachverhalt
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