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BGH Entscheidungen zum Mietrecht




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VIII. Zivilsenat 26.05.2004 VIII ZR 169/03
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die eingeklagten Guthabenbeträge ergäben sich rechnerisch in der geltend gemachten Höhe, wenn man für die Position Grundsteuer den mietvertraglich vereinbarten Umlagemaßstab anwende. Von dieser Sachlage gehe es in seiner Entscheidung aus, zumal die Berechnungsweise der Klageforderung zwischen den Parteien nicht im Streit sei. Der Klägerin stehe der mit der Berufung weiter verfolgte Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaution bzw. Auszahlung von Nebenkostenguthaben für die Jahre 2000 und 2001 jedoch nicht zu. Die Beklagte habe den in § 4 Nr. 4 Buchst. a) des Mietvertrags genannten Umlagemaßstab für die Position "Grundsteuer" nicht einhalten müssen. Diese Regelung sei nach ihrem Sinn und Zweck einschränkend dahingehend auszulegen, daß sie nicht für solche Betriebskosten gelte, die abgrenzbar seien und dem Mieter zweifelsfrei zugewiesen werden könnten, wie etwa verbrauchsabhängige Betriebskosten bei Erfassung des Verbrauchs. In diesem Falle bedürfe es eines anteiligen Umlagemaßstabs nicht. So liege es auch bei Grundsteuern, soweit diese allein für die gemietete Wohnung anfielen. Die Klägerin wende sich auch nicht gegen die Umlage des Kabelanschlusses, dessen Kosten nach der Zahl der Anschlüsse umgelegt würden; auch hier werde vom vereinbarten Umlagemaßstab abgewichen, weil die anfallenden Kosten einfacher zugeordnet werden könnten.
II. Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Die Klägerin kann Erstattung des weiteren Betrages in Höhe von 627,63 € nebst Zinsen verlangen, den sie mit der Berufung zusätzlich zu den ihr vom Amtsgericht zuerkannten 1.363,06 € nebst Zinsen begehrt. Wie das Berufungsgericht, von der Revisionserwiderung unangegriffen, feststellt, ergibt sich diese Summe bei Berücksichtigung der wechselseitigen Verrechnungen rechnerisch in voller Höhe als Restguthaben aus der von der Klägerin geleisteten Kaution bzw. aus den Nebenkostenguthaben für die Jahre 2000, 2001, wenn der mietvertraglich vereinbarte Umlagemaßstab auch auf die Betriebskostenposition "Grundsteuer" Anwendung findet. Davon, daß die Klägerin diese Restforderung mit ihrem Berufungsantrag unter Zugrundelegung des Rechenwerkes in dem amtsgerichtlichen Urteil insgesamt verfolgt, geht das Berufungsgericht aus, und dies ist zwischen den Parteien auch nicht umstritten. Diese geltend gemachten weiteren Erstattungsansprüche stehen der Klägerin zu. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht, der Berechnung der Beklagten folgend, für die Position Grundsteuer von dem vertraglichen Umlagemaßstab abgegangen und hat statt dessen die sich ausschließlich auf die Wohnung der Klägerin beziehende (höhere) Grundsteuer eingesetzt.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, daß für den Abrechnungsmaßstab von Betriebskosten die vertragliche Vereinbarung maßgeblich ist, soweit - wie hier - eine solche getroffen wurde. Der Vorrang vertraglicher Vereinbarungen ist für Wohnraummietverhältnisse im preisfreien Wohnraum - unter dem Vorbehalt anderweitiger Vorschriften - nunmehr in § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB ausdrücklich geregelt; die Vorschrift gilt mit Wirkung ab dem 1. September 2001, soweit der Abrechnungszeitraum - wie vorliegend das Abrechnungsjahr 2000 - nicht bereits vor diesem Tag beendet war (Art. 229 § 3 Abs. 9 EGBGB). Es entsprach jedoch auch zuvor der allgemeinen Auffassung, daß ein vertraglich vereinbarter Abrechnungsmaßstab eine einseitige Bestimmung durch den Vermieter nach §§ 315, 316 BGB ausschließt (vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar 1993 - VIII ZR 10/92, NJW 1993, 1061 = WM 1993, 660 unter II 1 b m.w.Nachw.; v. Brunn in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III 49; Staudinger/Emmerich (1995), §§ 535, 536 Rdnr. 126 f.; MünchKommBGB/Voelskow, 3. Aufl., §§ 535, 536 Rdnr. 91; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdnr. 513).
2. Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daß das Berufungsgericht § 4 Nr. 4 Buchst. a) des Mietvertrags einschränkend dahingehend ausgelegt hat, der vereinbarte Umlagemaßstab gelte nicht für solche Betriebskosten, die - wie vorliegend die Grundsteuer aufgrund des Steuerbescheides - abgrenzbar seien und dem Mieter zweifelsfrei zugewiesen werden könnten. Es kann dahinstehen, ob die Auslegung dieser Formularklausel der uneingeschränkten Prüfung durch das Revisionsgericht unterliegt; dies wäre der Fall, wenn sie über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung fände (BGHZ 98, 256, 258; 134, 42, 45; Senat, Urteil vom 19. März 2003 - VIII ZR 135/02, WM 2003, 1092 = NJW 2003, 2607 unter II 1 a). Die durch das Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Klausel hält jedoch auch einer auf das Vorliegen von Rechtsfehlern beschränkten Prüfung nicht stand. Sie berücksichtigt nicht hinreichend den objektiven Erklärungsinhalt der Vertragsbestimmung und verstößt damit gegen gesetzliche Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB). Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat die Auslegung der Klausel selbst vornehmen (Senatsurteil BGHZ 124, 39, 45; Senat, Urteil vom 16. Dezember 1998 - VIII ZR 197/97, WM 1999, 922 = NJW 1999, 1022 unter II 2 b; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - XI ZR 72/00, NJW 2001, 1344 = WM 2001, 350 unter II 2 a).
a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. BGHZ 102, 384, 389 f.; BGH, Urteil vom 23. Mai 2003 - V ZR 393/02, WM 2003, 1967 unter II 1 a; Senatsurteile vom 19. März 2003, aaO und vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 90/02, WM 2004, 748 = NJW-RR 2004, 262 unter II 1, jew. m.w.Nachw.).
b) Nach § 4 Nr. 4 Buchst. a) des Formularmietvertrags gilt für die Betriebskosten oder Betriebskostenerhöhung - mit Ausnahme der Heizungs- und Warmwasserkosten - das Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses als vereinbarter Umlegungsmaßstab. Hiervon ist nach dem Wortlaut auch die vom Mieter nach § 4 Nr. 3 des Mietvertrags zu entrichtende Grundsteuer erfaßt, wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat. Für eine einschränkende Auslegung im Hinblick auf Betriebskosten, die sich der Wohnung konkret zuordnen lassen, bestehen dagegen aus der Sicht des Mieters, die für das Verständnis der Klausel maßgeblich ist, keine erkennbaren Anhaltspunkte.
c) Nach ihrem Wortlaut kann die Klausel von einem verständigen Mieter nicht anders verstanden werden, als daß - mit Ausnahme der Heizungs- und Warmwasserkosten - alle Betriebskosten nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses umgelegt werden, mithin auch die Grundsteuer. Dies wird durch den nachfolgenden maschinenschriftlichen Eintrag unter § 4 Nr. 4 Buchst. b) "(sonstiger Umlegungsmaßstab)" bestätigt, da durch die Eintragung "--------" ersichtlich wird, daß kein anderer als der unter Buchstabe a) angegebene Abrechnungsmaßstab gelten soll. Daß beide Parteien die Vertragsbestimmung abweichend vom Wortlaut mit dem vom Berufungsgericht angenommenen eingeschränkten Inhalt verstanden wissen wollten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; für diese Annahme ist auch im übrigen nichts ersichtlich. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus dem Umstand, daß die Klägerin die ebenfalls von § 4 Nr. 4 Buchst. a) des Mietvertrags abweichende Abrechnung für die Kabelgebühren nach der Anzahl der Wohnungen nachfolgend nicht beanstandet hat; hieraus läßt sich kein Rückschluß auf den ursprünglichen Vertragsinhalt gewinnen, zumal hinsichtlich einer anderen Betriebskostenart.
d) Eine für den Durchschnittsmieter erkennbare Einschränkung des Anwendungsbereichs der Klausel kann auch nicht unter Berücksichtigung der Interessenlage angenommen werden. Den Ausführungen des Berufungsgerichts liegt die zwar zutreffende Erwägung zugrunde, daß die Abrechnung von Betriebskosten, die sich der vermieteten Wohnung nach erfaßtem Verbrauch (vgl. § 556 a Abs. 2 BGB) oder in sonstiger Weise konkret zuordnen lassen, nach diesem Maßstab grundsätzlich zulässig ist und regelmäßig auch interessengerecht sein wird. Dieser Maßstab ist jedoch nicht erkennbar vorrangig. Soweit gesetzliche Vorschriften - wie die Heizkostenverordnung in der Fassung vom 26. Januar 1989 (BGBl. I S. 115) - nicht entgegenstehen, kann ein anderer Abrechnungsmaßstab vereinbart werden, etwa der Flächenmaßstab gemäß § 4 Nr. 4 Buchst. a) des Mietvertrags. Dieser Abrechnungsmaßstab ist auch hinsichtlich der Grundsteuer zulässig (vgl. nunmehr § 556 a Abs. 1 Satz 1 BGB) und sogar üblich (Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 8. Aufl., § 556 a Rdnr. 83).
Eine Umlage nach Miteigentumsanteilen anstelle des Flächenmaßstabs ist nicht aus dem Grunde geboten, daß es sich bei dem vermieteten Wohnraum um Wohnungseigentum handelt, da dem Vermieter die für die Abrechnung maßgebliche Gesamtfläche entweder bekannt - wie vorliegend aus den Abrechnungen ersichtlich - oder von ihm unschwer zu ermitteln ist (vgl. LG Berlin, GE 2000, 1685). Des weiteren ist es für die Auslegung der Klausel grundsätzlich ohne Bedeutung, daß der Abrechnungsmaßstab für die Beklagte nachteilig ist, da er nicht die vollständige Abwälzung der für die vermietete Eigentumswohnung zu entrichtenden Grundsteuer auf die Mieterin ermöglichte. III. Auf die Revision der Klägerin ist daher das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 ZPO). Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klägerin unter Anwendung des Flächenmaßstabs der begehrte weitere Erstattungsanspruch von 627,63 € nebst Zinsen wegen der zuviel berechneten Grundsteuer zuzusprechen ist, ist das Urteil des Amtsgerichts entsprechend abzuändern.

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Urteil des BGH / Entscheidung zum Mietrecht (Betriebskostenabrechung und Umlagemaßstab)

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